Morgenandacht zu Jona

Morgenandacht zum Buch Jona in Zeiten von Kliman-Protest und zivilem Ungehorsam 

(Dekanatskonferenz* Bergstraße mit Sonja Manderbach von „Letzte Generation“ und Dr. Michael Streubel von „christians for future“)

Andacht nach der Liturgie der Iona-Kommunität, Ansprache verfasst von Sabine Allmenröder, Heppenheim, 12. Oktober 2022

Die Liturgie kann bei Bedarf zum eigenen Gebrauch (als “Liedblatt”) in einer Word-Datei geschickt werden - dafür uns bitte kontaktieren.

 

Morgengebet

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Lied: Gott gab uns Atem Evangelisches Gesangbuch (EG) 432

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Unsere Hilfe kommt von Gott, unserem Herrn,
der Himmel und Erde gemacht hat. Amen
Jesus Christus spricht:
Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. (Matthäus 28,20)

Gotteslob

Lasst uns am Morgen dieses neuen Schöpfungstages Gott loben!

Liturg/in     Am Anfang schuf Gott die Erde:

Frauen        Schuf sie und zog sie auf,

Männer      gab ihr Gestalt und übernahm Verantwortung für sie,

F                   füllte sie mit Samen und Zeichen der Fruchtbarkeit,

M                  füllte sie mit Liebe und die Menschen mit Begabung.

L                   Alles, was grün, blau, tief ist oder wächst:

alle               Es ist Gottes Hand, die es geschaffen hat.

L                   Alles, was zart, fest, duftend oder eigenartig ist:

alle               Es ist Gottes Hand, die es geschaffen hat.

L                   Alles, was kriecht, fliegt, schwimmt, geht oder still steht:

alle               Es ist Gottes Hand, die es geschaffen hat.

L                   Alles, was redet, singt, schreit, lacht oder schweigt:

alle               Es ist Gottes Hand, die es geschaffen hat.

L                    Alles, was leidet, mangelt, hinkt oder am Ende ist:

alle               Es ist Gottes Hand, die es geschaffen hat.

L                    Die Erde gehört Gott.

alle               Die Erde und ihre Menschen gehören Gott.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist,
wie es war im Anfang, jetzt und alle Zeit
und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Gebet

1    Lebendiger Gott!
Am Anfang, bevor die Welt begann,
als alles ohne Gestalt war –
du warst da.
Brütend über dem Chaos,
die Strukturen, den Geschmack,
den Anblick und den Klang der Dinge planend,
die Gegensätze ausbalancierend,
den Regenbogen webend,
du ließest den Zufall Wirklichkeit werden.

alle: Dafür loben wird dich.

2    Bevor wir da waren
noch im Mutterleib, ohne Form –
du warst da.
Nanntest uns dein Eigen,
plantest unsere Natur und Originalität,
setztest unsere Fähigkeiten frei,
machtest uns einzigartig,
du ließest den Zufall Wirklichkeit werden.

alle: Dafür loben wird dich.

3    Und natürlich jetzt,
wo unsere Ideale in Frage stehen,
das weniger Bedeutende interessant wird –
du bist da.
Du bringst unsere Leichtigkeit durcheinander,
Du widersprichst unseren Kompromissen,
Du erweiterst unsere eingeschränkte Vision
durch die Ansicht, den Klang und den Geschmack
eines besseren Lebens.
Du hebst die verlorenen Fäden unserer Hingabe wieder auf.
du ließest den Zufall Wirklichkeit werden.

alle: Dafür loben wird dich.

4    Und so wird es immer sein:
Denn du hast nicht gesagt: „Ich bin die Antwort“,
sondern: „Ich bin der Weg“.
Du erwartest nicht, dass wir erfolgreich sind,
sondern treu.
Du hast uns nicht das Paradies für morgen versprochen,
sondern, dass du bei uns bist bis zum Ende der Welt
und den Zufall Wirklichkeit werden lässt.

alle: Dafür loben wir dich,
        jetzt und immer. Amen.

Lied: Die Erde ist des Herrn, EG 634

Ansprache zum Buch Jona – (soziale Kipppunkte im Altertum)

Ihr Lieben,

heute möchte ich über das Buch Jona sprechen.

Es gibt in der Bibel viele Stellen, in denen danach gefragt wird, wie ich ein Leben im Glauben ernsthaft gestalten kann.

Im neuen Testament zum Beispiel in Matthäus 19, als der reiche Jüngling zu Nain Jesus danach fragt. Obwohl der junge Mann alle Gebote von klein an gehalten hat, fordert Jesus von ihm: „Verkaufe alles was Du hast und gib es den Armen und folge mir nach.“

Als Kind hat mich diese Geschichte immer sehr entmutigt. Es war mir damals schon klar, dass wir in unserem weit entwickelten Land zu den Reichen gehören, die nur schwer ins Himmelreich kommen: „Es ist leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als ein Reicher ins Reich Gottes komme“, heißt es da.

Das hat mich immer sehr entmutigt. Mir war schon als Kind klar: zu diesem Reichen gehören wir Menschen in Deutschland auch! Wie sollte ich das jemals schaffen?

Eine andere Geschichte, in der es um Nachfolge und Gehorsam geht, fand ich sehr viel hoffnungsvoller: Es ist die Geschichte von Jona. Die mochte ich immer sehr!

Nicht wegen dem Fisch, der Jona angeblich verschluckt und erst nach 3 Tagen wieder ausspuckt, sondern wegen ihres Ausgangs: Nachdem Jona den Auftrag endlich annimmt und den Menschen von Ninive ihren nahen Untergang vorhersagt, da geschieht Erstaunliches:

 Es heißt da [Buch Jona 3, Vers 4]:
„Und als Jona anfing, in die Stadt hineinzugehen, und eine Tagereise weit gekommen war, predigte er und sprach: Es sind noch vierzig Tage, so wird Ninive untergehen. Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und riefen ein Fasten aus und zogen alle, Groß und Klein, den Sack zur Buße an.“

Wie bitte was?.....[in ungläubigem Ton erneut vorlesen] ???????????

5Da glaubten die Leute von Ninive an Gott und riefen ein Fasten aus und zogen alle, Groß und Klein, den Sack zur Buße an.“                       

Und es kommt noch besser:
„Und als das vor den König von Ninive kam, stand er auf von seinem Thron und legte seinen Purpur ab und hüllte sich in den Sack und setzte sich in die Asche (7) und ließ ausrufen und sagen in Ninive als Befehl des Königs und seiner Gewaltigen: Es sollen weder Mensch noch Vieh, weder Rinder noch Schafe etwas zu sich nehmen, und man soll sie nicht weiden noch Wasser trinken lassen; (8) und sie sollen sich in den Sack hüllen, Menschen und Vieh, und heftig zu Gott rufen. Und ein jeder kehre um von seinem bösen Wege und vom Frevel seiner Hände!“

Wow, was für ein grandioser Erfolg!!!

Jona predigt und das Volk kehrt um! Und als er das sieht, erlässt der König Gesetze, um diese Umkehr zu unterstützen und in Gesetze zu gießen und steigt völlig aus seiner gewohnten Routine aus.

Wir hören im Zusammenhang mit der Klimakrise zur Zeit viel von ökologischen Kipp-Punkten. Werden diese erreicht, kippt eine Entwicklung und setzt Kettenreaktionen in Gang, die nicht mehr aufzuhalten sind und sich gegenseitig verstärken.

[Nach Bedarf näher erläutern, z.B. Albedo-Effekt beim Schmelzen des Eis auf der Landmasse der Antarktis oder Tundra und Taiga mit Auftauen der Permafrost-Böden]

Es gibt aber auch soziale Kipp-Punkte. Wenn gesellschaftliche Entwicklungen auf einmal Fahrt aufnehmen und eine Eigendynamik erlangen, die dann nicht mehr aufzuhalten ist. So einen sozialen Kipp-Punkt hat Jona ausgelöst.

Was würde ich darum geben, wenn ich wüsste, wie er das angestellt hat!!!

Leider steht davon nichts in der Bibel. Wen ich mir die ganze Jona-Geschichte so anschaue, dann habe ich aber den Eindruck, dass Jona ein emotionaler Brausekopf war. Wahrscheinlich hat er den Leuten richtig Angst eingejagt. In der Bibel steht lapidar, dass er den Menschen sagte:

„Es sind noch vierzig Tage – so wird Ninive untergehen.“

Doch als die Menschen ihm glauben, geschieht das Unglaubliche:
„Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten von ihren bösen Wegen, da reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte, und tat´s nicht.“

Was für eine hoffnungsstarke Geschichte! Was für eine grandioser Erfolg für einen Untergangspropheten! Er rettet mit seinen apokalyptischen Reden die ganze riesige Stadt Ninive. Der Untergang bleibt aus!

Wie´s weitergeht, wisst ihr alle:

Statt stolz nach Hause zu fahren und sich über seine gelungene Mission zu freuen, ärgert Jona sich schwarz, dass er sich darauf eingelassen hat.

„Wusst ich´s doch, dass Du gnädig, barmherzig und von großer Güte bist! Deshalb wollte ich erst gar nicht anfangen mit dem Predigen.“ Und er möchte lieber tot als lebendig sein.

Gott fragt nur:
„Meinst Du, dass Du mit Recht zürnst?“

Jona lässt sich östlich der Stadt nieder, um zu warten, wie die Sache nun ausgeht. Ungeheuerlich findet er das, dass Gott nun gar nicht tut, was er, Jona, so widerstreben gepredigt hat. Und Gott lässt eine große Rizinusstaude wachsen, um Jona Schatten zu spenden und ihm eine Freude zu machen. Und Jona freut sich auch.

Doch in der Nacht schickt der Herr einen Wurm, der sticht die Staude, so dass sie verdorrt und Jona tobt wieder und will am liebsten tot sein, so sehr ärgert er sich!

Da sagt Gott:
„Dich jammert die Staude, um die Du Dich nicht gemüht und die Du nicht aufgezogen hast. Die in einer Nacht ward und in einer Nacht verdorrte und mich soll nicht jammern Ninive, eine so große Stadt, in der mehr als hundertzwanzigtausend Menschen sind, die nicht wissen, was rechts oder links ist, dazu auch viele Tiere?“

Ich fand Gott immer so großartig in dieser Geschichte und es tat mir so leid für Jona, der sich immer wieder in eine heillose Wut hineinsteigert, statt die großartige Wende zu feiern, die er eingeleitet hat!!!

Heute empfinde ich den Text einfach als großen Trost in scheinbar auswegloser Lage. Er zeigt: Wandel ist möglich und die ihn herbeiführen, müssen keine Heiligen sein.

Und wenn alle entschlossen aus ihrem Alltag aussteigen und sogar die politisch Verantwortlichen sofort eine entschlossene Wende einleiten – dann, ja dann...fällt der Untergang einfach aus. Das ist ein Mutmach-Text erster Güte, finde ich! ...und ich hoffe, dass er uns in all seinen Facetten heute noch ein Stück weit in den Tag hinein begleitet.

Lied – Solist*in: „Ich der Meer und Himmel schuf/ Here I am, Lord“, Daniel L. Schutte (Komposition,Text) 

Gebet

L                   Wir bitten um den Anbruch des Reiches Gottes in unserer Welt.
                      Unser Gott, Jesus hat uns gelehrt, dir in allem zu vertrauen.
                      Wir nehmen ihn beim Wort und teilen seine Bitte:

alle               Dein Reich komme, dein Wille geschehe!

1             Wo Nationen für den Krieg wirtschaften,
               während Christus spricht: „Steck dein Schwert ein!“:

alle               Dein Reich komme, dein Wille geschehe!

2              Wo Länder Lebensmittel vernichten und nach Mode gieren,
                während Christus sagt: „Ich bin hungrig – ich war nackt“:

alle               Dein Reich komme, dein Wille geschehe!

3             Wo mächtige Regierungen für ihre Politik den Segen Gottes beanspruchen,
                während die Bibel erklärt, dass Gott niemanden bevorzugt:

alle               Dein Reich komme, dein Wille geschehe!

4             Wo Christen das Reich Gottes in Gestalt ihrer eigenen
                Kirche suchen, als ob Christus gekommen wäre,
                Grenzen zu errichten, statt sie einzureißen:

alle               Dein Reich komme, dein Wille geschehe!

5             Wo Frauen, die für ihre eigene Würde eintreten,
                mit Verachtung oder Geringschätzung begegnet wird:

alle               Dein Reich komme, dein Wille geschehe!

6             Wo sich Männer abmühen, stark zu erscheinen,
                weil sie Angst haben, schwach und zärtlich zu sein:

alle               Dein Reich komme, dein Wille geschehe!

7             Wo wir, von Erwachsensein besessen,
                vergessen, wie Kinder zu werden:

alle               Dein Reich komme, dein Wille geschehe!

8             Wo unsere Gebete stocken, unser Vertrauen schwindet,
                unser Licht schwach wird:

alle               Dein Reich komme, dein Wille geschehe!

9             Wo Christus uns ruft:

alle               Dein Reich komme, dein Wille geschehe!

L              Unser Gott, du hast den Anbruch deines Reiches
                unter uns angesagt.
                Öffne unsere Augen, es zu sehen!
                Öffne unsere Ohren, es zu hören!
                Öffne unsere Herzen, es festzuhalten!
                Öffne unsere Hände, dafür zu arbeiten!
                Das bitten wir im Namen Jesu.