NEIN und AMEN!
Klimaprotest zum deutschen Erdüberlastungstag – im Rahmen des Evangelischen Kirchentags in Hannover
Fotos von Matthias Ahrens und Maren Wirth
Am Samstag 03.05. hat „Nein und Amen“ gemeinsam mit Menschen aus den Gruppen Extinction Rebellion, XR Faith, Psychologists for Future sowie Christians and Churches for Future im Rahmen des Kirchentages in Hannover einen Klimaprotestmarsch zum deutschen Erdüberlastungstag organisiert.
Am Georgsplatz versammelten sich gut 100 Menschen aus ganz unterschiedlichen Klimabewegungen und Besucher*innen des Kirchentags – mit dabei auch drei Pfarrer*innen im Talar und eine große Gaia-Figur, die für die Erde und das Leben steht.
Judith Samson aus Hamburg, war dabei: "Selten bin ich von einer Aktion so nachhaltig beseelt zurückgekehrt wie nach diesem Protestmarsch. Ich fand es total wichtig, das Thema in den Kirchentag zu bringen, gerade jetzt da die Kriminalisierung von Klimaaktivist*innen zunimmt und unsere Kirchen dazu viel "mutiger, beherzter und stärker" Position beziehen sollten. Gleichzeitig war es wohltuend, dass wir Aktivist*innen uns auch mal in einer entspannteren Atmosphäre erleben konnten, und dabei doch politisch ein klares Statement gesetzt haben."
Die Gruppe zog singend und betend bis zur Aegidien-Ruine. Immer wieder hielt sie inne:
An der 1. Station ging es um den deutschen Welterschöpfungstag und darum, dass wir von heute an mehr verbrauchen, als die Erde verkraften kann. Bei unserem aktuellen Lebensstil in Deutschland bräuchten wir „eigentlich“ drei Erden.
Der nächste Halt beschäftigte sich mit der Frage: „Wäre Jesus heute Klimaaktivist?“.
An der 3. Station wird die Kriminalisierung von Klimaaktivist*innen thematisiert. Carla Hinrichs von der ehemals Letzten Generation berichtet über die Hausdurchsuchung und Polizeigewalt, die sie erlebt hat, betont aber auch deutlich, dass wir in Deutschland immer noch das große Privileg haben, protestieren zu dürfen, auch wenn sich die Spielräume aktuell immer mehr einschränken. Die Gruppe beantwortete die Frage, ob Klimaprotest kriminell sei mit einem lauten „Nein und Amen“ und stellte sich damit an die Seite der Klimaaktivist*innen, die Kriminalisierung erfahren müssen.
An der 4. Station berichten Nicholas Omonuk aus Uganda und Chris Ablon von den Philippinen von den Auswirkungen der Klimakatastrophe und auch unseres Wirtschaftssystems in ihrer Heimat. Sie rufen dazu auf, dass wir, in unserer privilegierten Situation in Deutschland, von unserer Regierung fordern, den Ausbau fossiler Energien in Ländern des Globalen Südens zu stoppen und uns für weltweite Gerechtigkeit einzusetzen.
Die 5. Station dreht sich darum, wie wir anderen Lebewesen schaden und thematisiert in einem „Die-In“ vom Aussterben bedrohte Tierarten. Menschen mit Tiermasken fallen zu Boden, um vor Augen zu führen, wie drastisch unser Umgang mit dieser Welt ist.
Zum Abschluss in der Aegidien-Ruine geht es darum, wie wir uns mutig, stark und beherzt trotz allem Gegenwind weiterhin für weltweite Klimagerechtigkeit einsetzen können.
Sabine Allmenröder aus dem Dekanat Bergstraße zieht Bilanz: "Ich fand es toll, dass Theologen und Theologinnen aus der Kirchenvernetzung der Klimaprotestbewegung „ Nein und Amen“, Engagierte von Extinction Rebellion, XR Faith, christians4 future, ChurchForFuture, Psych4F und andere sich zusammengetan haben, um Klimaprotest auf dem Kirchentag stattfinden zu lassen. Am wichtigsten ist mir zurzeit, dass wir solidarisch an der Seite der Aktivisti von ehemals Letzte Generation stehen, die sich gewaltlos und mit großen persönlichen Opfern dafür eingesetzt haben, dass die Klimakatastrophe ab 2022 nicht aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit gerät.
Die Kriminalisierung des Protests und vor allem die Anklage wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung finde ich völlig unangemessen und der einzige Beistand, den wir als Kirchenmenschen leisten können, ist öffentliche Solidarität mit denen, die da jetzt am Pranger stehen. Ruben Zimmermann hat das theologisch gut begründet. Der Beitrag des phillipinischen Pastors Chris Ablon hat viele sehr nachdenklich gemacht.
Ich bin froh, dass ich mit ganz vielen Unterstützenden aus dem Dekanat Bergstraße dabei sein konnte. Auch konservativ eingestellt Menschen waren dabei und haben ihre Solidarität gezeigt. Die wunderbare GAIA-Figur von Extiction Rebellion und unser Dekanats- Popmusik-Beauftragter Bruno Ehret mit seinem Akkordeon haben einen großen Beitrag dazu geleistet, die Menschen um uns herum zu versammeln. Diese Solidarität ist Klasse! Gemeinsam sind wir mutig, stark, beherzt!"
Monika Boley aus Aschaffenburg reflektiert ein paar Tage später die Aktion:
"Als „Neue“ im Kreis der Nein-und-Amen-Gruppe fand ich es zunächst spannend, auf etliche der Aktiven zu treffen, von denen ich bisher nur gehört oder die ich bei Zoom-Treffen gesehen hatte und spürte schnell große Freude, so engagierte, herzliche und offene „Christenmenschen“ live zu erleben. Überrascht und erfreut war ich auch über die große Zahl der jungen Teilnehmer*innen.
Die Klimaprozession zum Welterschöpfungstag selbst, mit Gaia und Kirchenvertreter*innen an der Spitze, mit treffenden Liedern, tragender Begleitmusik und tiefgründigen Texten, mit der weltweiten Solidarität, mit dem Widerstand gegen die Kriminalisierung, der eindringlichen Aktion zum Erhalt der Arten, den Fürbitten und Gebeten… all das hat nachhaltigen Eindruck bei mir hinterlassen. Und ich bin sicher, dass es vielen anderen auch so geht. Es wurden bedeutsame und wesentliche Themen in relativ kurzer Zeit ganzheitlich für alle Sinne klar, prägnant und mit großer Aufforderungskraft dargestellt. Toll!
Was mich beeindruckt ist auch, dass trotz des Ernstes der Klimakatastrophe so viel Freude, Hoffnung und Dankbarkeit spürbar war. Gemeinschaft, geerdete Spiritualität und Gottes Segen – wie schön!
Dankbar bin ich gerade auch für die theologischen Beiträge, für die Bezüge zur Bibel. „Wäre Jesus Klimaaktivist?“ dieser Frage will ich weiter nachgehen und sie verbreiten. Gerne auch bei uns in Aschaffenburg.
Danke an alle Beteiligte für die großartige und kompetente Vorbereitung und Durchführung dieser Aktion in Hannover! Schön, dass es euch gibt!"
Der gesamte Ablauf und alle Texte des Protestmarsches finden sich unter Materialien - Aktionen