Wüste statt Weinberg? – ein Klimaprotestsong aus der Bibel
Liturgie und Predigtimpuls zu Jesaja 5,1-7 am Sonntag Reminiszere (5. März 2023)
anlässlich des weltweiten Klimaaktionstags am 3. März 2023
von Pfarrer Frithjof Rittberger
Musik
Liedauswahl:
Lobet den Herren alle, die ihn ehren (EG 447,1-2+4+7-9)
Ich singe dir mit Herz und Mund (erz und EG 324,1-5+7)
Liturgischer Gruß
Begrüßung
Herzlich willkommen zum Gottesdienst am zweiten Sonntag der Passionszeit! Reminiszere – Gedenke, heißt dieser Sonntag: „Gedenke Herr, an deine Barmherzigkeit und an deine Güte“ (Psalm 25,6).
An Gottes Güte uns gegenüber denken wir heute – und an Gottes Güter, die er uns anvertraut hat. Die uns von Gott geschenkte Lebenswelt ist aber durch uns selbst bedroht. Vorgestern, am Freitag haben weltweit Menschen zur Umkehr aufgerufen, darunter auch Christen und Kirchen im ökumenischen Netzwerk für Klimagerechtigkeit: Hört auf, Gottes Schöpfung zu zerstören. Lasst uns als Gesellschaft die Lebensgrundlagen aller Menschen achten, bevor es zu spät ist.
[Ich begrüße heute besonders Mitglieder von Fridays/Parents/Scientists/ Christians for Future/… /der Klimagruppe unserer Gemeinde, die nachher ihren persönlichen Sorgen und Hoffnungen mit uns teilen.]
Wüste statt Weinberg! So warnt uns Gott in seinem Protestlied für den heutigen Passionssonntag vor der Verwüstung seines Lieblingsgartens, den er uns zum Leben geschaffen hat. In seiner Anklage erinnert Gott auch Recht und Gerechtigkeit, die er dort so sehr vermisst. Ich lade Sie dazu ein, sich heute auf diese Warnung Gottes und seinen Ruf nach Gerechtigkeit einzulassen und darüber nachzudenken.
Wir beten im Wechsel:
Psalm 25 (EG 713), anschließend gesungen:
Ehr‘ sei dem Vater
Gebet:
(I.)
Gott, Schöpfer des Lebens, wir danken dir für unser Leben.
Schenke uns Lebensfreude und die Freude an allem, was lebt.
Lass uns staunen an deiner Schöpfung.
Wecke uns auf aus dem Schlaf der Gewohnheit.
Komm mit deiner Gerechtigkeit in diese Welt, damit alle gut leben können:
Menschen, Tiere und Pflanzen.
Stärke uns heute für diesen Tag.
Sei bei allen, die stellvertretend für viele für den Schutz der Lebensgrundlagen eintreten.
Gib uns Hoffnung für die Zukunft.
Sende uns deinen Geist und mach uns neu. Amen.
(II.)
Gott,
du erhörst unsere Klagen.
Du hörst das Seufzen aller, die sich nach einer heilvollen Welt sehnen.
Du stärkst diejenigen, die (heute und Freitag für Freitag) aufstehen, für den Schutz des Klimas, hier und überall auf deiner Welt.
Du stärkst die, die sich machtlos fühlen angesichts wirtschaftlicher Interessen großer Unternehmen.
Du gibst ihnen Mut, nicht aufzugeben und weiter den Mund aufzumachen.
Du selbst stehst ein für Gerechtigkeit, für Frieden, für die Bewahrung deiner Schöpfung.
Gott, du bist ein Freund des Lebens.
Gott, du bist das Leben.
Sei bei uns, Gott. Stärke uns, für das Leben einzustehen. Amen.
Stilles Gebet
Gesang: Meine Hoffnung und meine Freude (EG Württ. 576, Neue Lieder plus 176)
Impuls-Beitrag I: Anvertraut und ausgebeutet – was mich am meisten schmerzt
Wir hören nun von [Fridays for Future o.ä.], was ihn/sie persönlich am meisten schmerzt: Gott hat uns ein Zusammenleben auf dieser Erde anvertraut, aber wir sind in vielem rücksichtslos:
- Jeweils knappes Statement: Was schmerzt mich konkret am meisten am achtlosen Umgang mit unserer Welt?
Schriftlesung: Markus 12,1-12 (der dieses Jahr in Reihe V vorgesehene Predigttext)
Lied: Holz auf Jesu Schulter (EG 97)
Predigttext: Jesaja 5,1-7 (Basisbibel)
Ein Lied von meinem Freund will ich euch singen.
Es ist das Lied von meinem Freund und seinem Weinberg:
Mein Freund hatte einen Weinberg
auf einem fruchtbaren Hügel.
Er grub ihn um, entfernte die Steine
und bepflanzte ihn mit den besten Weinstöcken.
Mittendrin baute er einen Wachturm.
Auch eine Kelter zum Pressen der Trauben hob er aus.
Dann wartete er auf eine gute Traubenernte,
aber der Weinberg brachte nur schlechte Beeren hervor.
Jetzt urteilt selbst,
ihr Einwohner von Jerusalem und ihr Leute von Juda!
Wer ist im Recht – ich oder mein Weinberg?
Habe ich irgendetwas vergessen?
Was hätte ich für meinen Weinberg noch tun sollen?
Ich konnte doch erwarten, dass er gute Trauben trägt.
Warum hat er nur schlechte Beeren hervorgebracht?
Ich will euch sagen,
was ich mit meinem Weinberg tun werde:
Die Hecke um ihn herum werde ich entfernen
und seine Schutzmauer niederreißen.
Dann werden die Tiere ihn kahl fressen und zertrampeln.
6Ich werde ihn völlig verwildern lassen:
Die Reben werden nicht mehr beschnitten
und der Boden nicht mehr gehackt.
Dornen und Disteln werden ihn überwuchern.
Den Wolken werde ich verbieten,
ihn mit Regen zu bewässern.
Wer ist dieser Weinberg?
Der Weinberg des Herrn Zebaot,
das sind die Bewohner von Israel.
Die Leute von Juda,
sie sind sein Lieblingsgarten.
Der Herr wartete auf Rechtsspruch,
doch seht her, da war Rechtsbruch.
Er wartete auf Gerechtigkeit,
doch hört nur, wie der Rechtlose schreit.
Predigt:
Ein Lied wird hier gesungen. Das klingt erst einmal freundlich und harmlos. Ist es aber nicht. Dieses Lied ist nicht irgendein Lied – es ist ein Protestsong. Mehr noch: eine Anklage. Und auch wenn schon sehr alt ist, ist es erschreckend aktuell. Denn in gewisser Weise ist dieses Lied auch ein Klimaprotestsong.
Von einem schönen Weinberg wird gesungen, der von seinem Besitzer gehegt wird und gepflegt – und trotzdem keine gute Ernte bringt. Der Besitzer, so erfährt man später, das ist Gott. Und der Weinberg ist Israel – die Menschen und zugleich das Land, das Gott ihnen gegeben hat. Auch mit Israel, so sagt das Lied, hat sich Gott viel Mühe gemacht. Und dennoch halten sich die Bewohner von Israel nicht an Gottes Gebote, schaffen es nicht, in Frieden und Gerechtigkeit miteinander zu leben.
Ein schöner Weinberg auf fruchtbarem Boden. Mit Liebe vorbereitet und gepflegt, mit edlen Weinstöcken bepflanzt. Beste Voraussetzung für gutes Gedeihen und reiche Ernte. Für mich ist das auch ein Bild für unsere Erde insgesamt, für Gottes Schöpfung, der er alles gegeben hat, um zu leben, um sich zu entfalten und Frucht zu bringen. Und Israel – das sind auch wir, alle Menschen. Wir sind reich beschenkt, sagt das Lied. Jeder und jede von uns ist Teil dieser Schöpfung, lebt mit und von ihr. Wir sind Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will, so hat es Albert Schweitzer gesagt. Und ja, in dieser Schöpfung gibt es gute Voraussetzungen zu gedeihen, für alle.
Und doch gedeiht vieles nicht. Oder nicht gut. Wir Menschen haben uns der Schöpfung teilweise entfremdet, sehen uns ihr oft nicht zugehörig, sondern als ihr Gegenüber. Wir breiten uns aus und nehmen anderen Geschöpfen ihren Raum. Wir schrauben unseren Lebensstandard nach oben, ohne auf die Folgen zu achten.
Wir verschwenden, was uns gegeben ist, und verändern nach und nach das gesamte Ökosystem: Steigende Temperaturen, steigender Meeresspiegel, Tiere und Pflanzen, die für immer verschwinden; und Menschen, immer mehr Menschen, deren Lebensgrundlage in der sengenden Sonne verdorrt oder von Chemikalien zerfressen wird, vom Starkregen weggespült oder vom Meer geschluckt.
Menschen in Ostafrika kämpfen mit einer seit Jahren anhaltenden Dürre als Folge der Erderhitzung. Die Bilder von verhungernden und verdurstenden Menschen und Tieren sind kaum zu ertragen.
Letztes Jahr wurde ein Drittel der Fläche Pakistans überflutet, über 1500 Menschen starben unmittelbar, Millionen verloren ihre Heimat und damit ihre Lebensgrundlage, Krankheiten breiten sich aus. Zwei Beispiele, es gäbe unzählige mehr. Wo bleibt da die Klimagerechtigkeit?
Der Herr wartete auf Rechtsspruch, doch seht her, da war Rechtsbruch.
Er wartete auf Gerechtigkeit, doch hört nur, wie der Rechtlose schreit.
So bekommen wir das Verzweifeln Gottes an seinem Weinberg, seinem Lieblingsgarten vor Augen gestellt. Die lebensspendende Ordnung, der Rechtsschutz für alles Leben – das kippt um ins Verderben.
So etwas wie die Kettenreaktion einer Klimakatastrophe, die Kipppunkte überschritten hat, wird auch in diesem biblischen Protestsong schonungslos geschildert: Das, was einmal fruchtbare Erde war, ist schutzlos – kein Schatten, kein Windschutz, kein Deich ist mehr da, der die Naturgewalten aufhält. Das Land kann nicht mehr bebaut werden, es verwildert und verdorrt schließlich ganz.
Und jetzt? „Urteilt selbst“, sagt Gott im Lied. „Wer ist im Recht – ich oder mein Weinberg?“ Aber es hört sich so an, als sei die Sache schon entschieden. Gott sieht sich mit seiner Strafe im Recht.
Und bei uns? Gibt es noch ein Zurück? Ich glaube, die Lage ist nicht so aussichtslos wie es scheint. Nicht damals und nicht heute. Aber alles kommt darauf an, ob sich etwas ändert.
Der Herr wartete auf Rechtsspruch, doch seht her, da war Rechtsbruch.
Er wartete auf Gerechtigkeit, doch hört nur, wie der Rechtlose schreit.
Das Lied ist ein Aufruf, ein Appell. Ein Protestsong eben. Ändert euch, ruft es den Israeliten damals zu – und heute uns. Hören wir das?
Noch ist Zeit, die richtigen Urteile zu fällen. Noch ist es Zeit, nicht vornehmlich die Ordnungswidrigkeiten der Klimaaktivisten zu ahnden, sondern den Klimaschutz entschieden voranzutreiben. Noch ist es Zeit, dass Parlamente und Rechtsprechung sich um sinnvolle Gesetze und deren Durchsetzung bemühen. Gesetze, die dem Pariser Abkommen gerecht werden – und dem Urteil des Verfassungsgerichts zum Klimaschutz. Ja, es geht um das, was unser Grundgesetz schützt: Um die Unversehrtheit des Lebens und der natürlichen Lebensgrundlagen. Es geht um das Recht auf Leben – für alle Menschen auf dieser Erde. Und für die kommenden Generationen.
Noch ist es Zeit, dass Gottes schönen Weinberg erhalten bleibt. Und er fruchtbar bleibt – weil Recht und Gerechtigkeit in ihm strömen wie ein nie versiegender Bach.
Amen.
Liedauswahl:
Gott gab uns Atem (EG 432,1-3)
Es kommt die Zeit (Neue Lieder 37,1-3)
(Die Liedstrophen des Liedes können um die nachfolgenden Beiträge gruppiert werden.)
Impuls-Beitrag II: Rechtspruch statt Rechtsbruch
Wir hören nun von [Fridays for Future o.ä.], wo jeder/jeder persönlich die Chance auf Recht und Gerechtigkeit sieht. Was lässt uns hoffen?
- Jeweils knappes Statement: Meine persönliche Hoffnung auf „Klima-Gerechtigkeit“ – im Kleinen oder im Großen:
Fürbitten
(I.)
Guter Gott, wir danken dir für deine großartige Schöpfung.
Sie war vor uns da und soll nach uns sein.
Führe uns täglich ihre Schönheit vor Augen.
Lass uns erkennen, dass wir ein Teil von ihr sind,
dass unser Leben von ihrer Unversehrtheit abhängt.
Wir rufen zu dir: Kyrie eleison/Herr, erbarme dich.
Guter Gott, wir bitten für alle, deren Existenz durch Dürre,
Überschwemmungen oder Stürme bedroht ist.
Für die Menschen in Gegenden, die von der Klimakrise besonders betroffen sind.
Für alle, die sich in den unterschiedlichen Organisationen für
Klimaschutz und unsere Lebensgrundlagen einsetzen.
Wir rufen zu dir: Kyrie eleison/Herr, erbarme dich.
Guter Gott, danke, dass es uns gut geht und wir genug haben, um
zu leben.
Lass uns erkennen, wie sehr Menschen bereits durch die Klimakrise, durch Raubbau oder Umweltgifte leiden.
Lass uns alles Leben achten, uns an dem, was wir haben, freuen.
Hilf uns, so leben und arbeiten, dass genug für alle bleibt.
Bewahre uns vor der Angst, zu kurz zu kommen
Wir rufen zu dir: Kyrie eleison/Herr, erbarme dich.
Guter Gott, wir wissen, dass die Erde verletzlich ist.
Hilf uns dabei, gerecht, einfach und weise zu leben.
Erinnere alle Verantwortlichen in der Politik, in den Gerichten und in der Wirtschaft, dass sie Recht und Verträge zur Klimagerechtigkeit nicht brechen.
Gib ihnen Mut, das Recht umzusetzen.
Wir rufen zu dir: Kyrie eleison/Herr, erbarme dich.
Stärke alle, die auf der Straße oder auf andere Weise friedlich für das Recht auf Leben weltweit und für zukünftige Generationen einstehen.
Lass uns als Kirche Anwältin und Schutzraum aller sein, die für die Bewahrung der Schöpfung eintreten.
Mach uns zu Zeugen deines Friedens, den du mit deiner Erde geschlossen hast.
Dein Reich komme!
Wir rufen zu dir: Kyrie eleison/Herr, erbarme dich.
Nach einer Vorlage aus: https://www.ekbo.de/fileadmin/ekbo/mandant/ekbo.de/0._Startseite/F%C3%BCrbittenentwurf_20.09.2019.pdf
(II.)
Gott, unser Schöpfer,
Wir beten für die Leidtragenden des menschengemachten Klimawandels,
für die Menschen, deren Ernte verdorrt in extremer Dürre,
für die Menschen, deren Hab und Gut in extremen Regenfällen überschwemmt,
für die Menschen, deren Haus und Heimat durch den Anstieg des Meeresspiegels versinkt.
Gütiger Gott, schenke ihnen den Mut weiterzugehen und uns, dass wir ihre Situation wahrnehmen und uns davon berühren lassen.
Wir rufen zu dir: Kyrie eleison/Herr, erbarme dich.
Wir sprechen vor dir aus, dass wir Angst haben:
Angst vor den Folgen der Ausbeutung von Menschen und Natur,
Angst vor der Zerstörung unserer globalen Lebensgrundlagen,
Angst um unsere Zukunft und die unserer Kinder,
Angst, dass wir zu träge sind, das Nötige zu tun.
Wir rufen zu dir: Kyrie eleison/Herr, erbarme dich.
Wir bitten Dich, bewahre uns davor,
darüber kopflos und rücksichtslos zu werden.
Gib uns Deinen göttlichen Geist,
der uns zusammenbringt und der uns hilft,
von Expertinnen und Experten zu lernen,
im Großen wie im Kleinen.
Stärke uns, weltweit geschwisterlich zu denken, zu handeln und zu leben.
Wir rufen zu dir: Kyrie eleison/Herr, erbarme dich.
Aus: Klimaandacht, unter: https://www.oekumenischerweg.de/
(III.)
Gott, unser Schöpfer, Retter und Erneuerer,
öffne uns die Augen
für die Schönheit deiner Schöpfung,
für dein gnädiges Wirken in uns und in allem Lebendigen,
für deinen unsichtbaren Segen, der Himmel und Erde durchströmt.
Wir bitten dich
für die Atmosphäre, die uns schützt,
für die Ozeane, die unser Klima mitbestimmen,
für die fruchtbare Erde, die Grundlage aller Nahrung,
für die Wälder, die uns atmen lassen.
Wir bitten dich
für alle, die sich der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen entgegenstellen,
gib uns allen Mut, Ausdauer und Vertrauen.
Wir bringen vor dich alle,
die deine Schöpfung misshandeln,
die Menschen und Tiere ausbeuten,
die deinen Segen ignorieren, obwohl sie von ihm leben.
Vergib ihnen und vergib uns.
Wir bringen vor dich alle,
die schwanken zwischen Nichtwissenwollen und Resignation,
für alle, die ihre gewohnten Lebensweisen nicht loslassen wollen.
Schenke ihnen und uns Mut zu unbequemen Schritten.
Wir bitten dich
für alle die in Wirtschaft oder Politik Entscheidungen treffen,
dass du ihre Gedanken und Pläne mit deinem Licht erhellst,
dass du ihre Herzen verletzlich machst und offen für den Schmerz der leidenden Schöpfung.
Schenke ihnen und uns Weisheit und Liebe zu allem, was lebt.
Wir vertrauen dir, deiner Liebe zum Leben und deiner Macht über Menschenherzen.
Wir bitten um deinen Heiligen Geist, der uns Freude macht,
deine Schöpfung zu achten und zu bewahren
Aus: https://klima-kollekte.de/fileadmin/user_upload/Gottesdienstheft_web.pdf
Gemeinsam beten wir:
Vaterunser
Lied: Sonne der Gerechtigkeit (EG 262,1-2+5-6)
Abkündigungen
Segensstrophe: Dass Erde und Himmel dir blühen (EG Württ. 569)
Segen
Musik